Meister der Einhornjagd

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Das Einhorn in Gefangenschaft, um 1500

Als Meister der Einhornjagd (franz. Maître de la Chasse à la Licorne[1]) oder Meister der New Yorker Einhornjagd[2][3] wird ein Künstler des ausgehenden 15. Jahrhunderts benannt.

Der namentlich nicht bekannte Künstler hat um 1500 die sieben Wandteppiche mit der Darstellung einer Jagd auf das Einhorn in einer idealisierten Landschaft entworfen, die sich heute im Museum The Cloisters, einer Zweigstelle des Metropolitan Museum of Art in New York, befinden.

Die Kettfäden aller Tapisserien bestehen aus Wolle, während quer dazu teilvergoldete Schussfäden aus Wolle, Seide und Silber gesetzt sind. Zur Färbung der Textilfäden wurden unter anderem Färber-Wau, Färberkrapp und Färberwaid verwendet.[4]

Herstellungs- und Besitzgeschichte der New Yorker Teppiche

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Die prachtvoll ausgestatteten Wandteppiche der Einhornjagd sind wahrscheinlich brabantischer Herkunft und wurden wohl im damaligen Zentrum der Produktion von Tapisserien um 1500, im südniederländischen Brüssel, hergestellt; sie gehen vermutlich auf nordfranzösische Entwürfe zurück. Diese Entstehungsumstände – Brüsseler Produktion nach Pariser Entwürfen – teilen sich die New Yorker Wandteppiche mit den sechs Tapisserien der Dame bei einem Einhorn, die ebenfalls um 1500 entstanden und heute im Musée de Cluny in Paris (311–377 × 290–473 cm, Inv. Nr. Cl. 10831–10836) ausgestellt sind.

Zuerst sind sie 1680 im Besitz des Duc François VI de La Rochefoucauld verzeichnet. Es wird vermutet, dass sie auf einen Ankauf vor 1516 durch Comte François I de La Rochefoucauld zurückgehen.[5] Danach erscheinen die Teppiche in einer Liste von Schloss La Rochefoucauld (Château de Verteuil) in Verteuil aus dem Jahr 1728. Seit 1937 sind die nach der Französischen Revolution um 1850 wiederentdeckten Teppiche als Schenkung von John D. Rockefeller im New Yorker Museum The Cloisters;[6] in Rockefellers Besitz waren die Teppiche erst 1923 über Edouard Lacarde gelangt.

Szenen der sieben Einhorn-Teppiche

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Das Einhorn am Brunnen, um 1500

Die Teppichfolge der Einhornjagd[7] stellt eine an die mittelalterliche Hirschjagd erinnernde, sowohl religiös (etwa mit christologischen Symbolen wie dem Einhorn als Christus) als auch weltlich deutbare Szenenfolge mit über hundert Pflanzenarten[8] und verschiedenen Tieren (etwa das durch Weinrautengenuss vor Gift geschützte Hermelin) dar:[9]

  • Jagdbeginn (368,3 × 315 cm, Inv. Nr. 37.80.1)
  • Einhorn am Brunnen (368, 3 × 378,5 cm, Inv. Nr. 37.80.2)
  • Das Einhorn springt über einen Bach (368,3 × 426,7 cm, Inv. Nr. 37.80.3)
  • Das Einhorn verteidigt sich (368,3 × 401,3 cm, Inv. Nr. 37.80.4)
  • Das von der Jungfrau gefangene Einhorn (in zwei Fragmenten erhalten, Gesamtgröße: 168,9 × 64,8 cm, Inv. Nr. 38.52.1)
  • Tötung des Einhorns und Transport zur Burg (368,3 × 388,6 cm, Inv. Nr. 37.80.5)
  • alternative Szene: Gefangenschaft des Einhorns (368 × 251,5 cm, Inv. Nr. 37.80.6).

In der Kunstgeschichte wird vorgeschlagen, dem Meister der Einhornjagd durch Stilvergleich noch weitere Entwürfe und auch Buchillustrationen zuzuordnen; auch wird vorgeschlagen, ihn mit dem Meister der Apokalypsenrose gleichzusetzen, einem Buch- und Glasmaler, der Glasfenster in Paris entworfen und geschaffen hat.[10] Solche Vermutungen bleiben wegen des Mangels an genauen erhaltenen Dokumenten zu Werken allerdings spekulativ. Jedoch beleuchten sie den regen Austausch von neuen Ideen und Techniken in den nordfranzösischen Künstlerwerkstätten des späten Mittelalters.

Es wurden ihm die Buchmalereien dreier Stundenbücher der Anne de Bretagne (Paris, Bibliothèque nationale de France nouv. acq. lat. 3120) zugeschrieben.[11]

Stilistische Einflüsse

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Eventuell war der Meister der Einhornjagd ein Schüler des Meisters von Coëtivy.[12]

In den Motiven und den kompositionellen Anlagen sind Einflüsse der burgundischen Tapisserien, wie etwa den Devonshire Hunting Tapestries (2. Viertel des 15. Jahrhunderts, heute Victoria and Albert Museum in London, Inv. Nr. T.202–1957 bis T.205–1957[13][14]), vorangegangener Generationen sichtbar.[15]

  • Margaret B. Freeman: The Unicorn Tapestries (Metropolitan Museum of Art). New York 1974.
  • Charles Sterling: La peinture médiévale à Paris 1300–1500. Paris 1987, Bd. 2, S. 332–355, Kat. Nr. 40.
  • Adolfo S. Cavallo: Medieval Tapestries in The Metropolitan Museum of Art. New York 1993, S. 14, 297–327, Nr. 20f.
  • Adolfo S. Cavallo: The Unicorn Tapestries at the Metropolitan Museum of Art. New York/London 1998.
  • Christina Becela-Deller: Ruta graveolens L. Eine Heilpflanze in kunst- und kulturhistorischer Bedeutung. (Mathematisch-naturwissenschaftliche Dissertation Würzburg 1994) Königshausen & Neumann, Würzburg 1998 (= Würzburger medizinhistorische Forschungen. Band 65). ISBN 3-8260-1667-X, S. 206–209.

Einzelnachweise

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  1. G. Souchal: Un grand peintre français de la fin du 15. siècle. Le maitre de la Chasse à la Licorne. In: Revue de l’Art 22 (1973), S. 22–47.
  2. so z. B. A.Markschies: Rezension von: Ina Nettekoven: Der Meister der Apokalypsenrose. In: sehepunkte 8 (2008), Nr. 4 (vom 15. April 2008), [1].
  3. englisch Master of the Cloisters Unicorn.
  4. How the Tapestries Came to the Met. In: Metropolitan Museum of Art. Archiviert vom Original am 7. Mai 2006; abgerufen am 31. Oktober 2017.
  5. Master Of The Unicorn Hunt. In: Grove Dictionary of Art, 2000 (Online-Ausgabe aufgerufen Juni 2010).
  6. Christina Becela-Deller: Ruta graveolens L. Eine Heilpflanze in kunst- und kulturhistorischer Bedeutung. 1998, S. 206.
  7. Vgl. Sterling 1987, Bd. 2, S. 332–355, Kat. Nr. 40.
  8. E. J. Alexander, Carol H. Woodward: The Flora Of The Unicorn Tapestries. In: Journal of the New York Botanical Garden. 42. Jahrgang, Nr. 497, 1941, S. 105–122 (biodiversitylibrary.org).
  9. Christina Becela-Deller: Ruta graveolens L. Eine Heilpflanze in kunst- und kulturhistorischer Bedeutung. 1998, S. 206–209 und 211.
  10. Siehe dazu I. Nettekoven: Der Meister der Apokalypsenrose der Sainte Chapelle und die Pariser Buchkunst um 1500. Turnhout 2005.
  11. Vgl. Charles Sterling: La peinture médiévale à Paris 1300–1500. Paris 1987, Bd. 2, S. 394–417, Kat. Nr. 45.
  12. Coëtivy, Master of. In: Grove Dictionary of Art, 2000 (Online-Ausgabe), aufgerufen Juni 2010 (englisch).
  13. Linda Woolley: Medieval Life and Leisure in the Devonshire Hunting Tapestries. London 2002.
  14. George Wingfield Digby: The Devonshire Hunting Tapestries. London 1971.
  15. Vgl. Anna Rapp Buri, Monika Stucky-Schürer: Burgundische Tapisserien. Hirmer, München 2001.